Die agile Arbeitsweise hat sich in den letzten Jahren stark weiterentwickelt und das Scrum Framework ist zu einem der prominentesten Vertreter dieser Bewegung geworden. Scrum findet immer breitere Anwendung in allen denkbaren Bereichen und Gewerben der Industrien sowie im Dienstleistungsgewerbe weit über die Branche der Softwareentwicklung hinaus:
“We are humbled to see Scrum being adopted in many domains holding essentially complex work, beyond software product development where Scrum has its roots.” (Scrum Guide 2020)
In diesem Zusammenhang spielt die Accountability des Scrum Masters eine zentrale Rolle, denn als Scrum Master sind wir in der Verantwortung, Scrum ganz im Sinne des Scrum Guides im Scrum Team und auch in der Unternehmung zu etablieren und bei der Umsetzung zu unterstützen.
“The Scrum Master is accountable for establishing Scrum as defined in the Scrum Guide. They do this by helping everyone understand Scrum theory and practice, both within the Scrum Team and the organization.” (Scrum Guide 2020)
Damit dies gelingen kann, und um effektiv agieren zu können, steht der Scrum Master im Zentrum der agilen Umsetzung und nimmt unterschiedliche Haltungen und Rollen ein. Sehr passend und umfassend werden diese in der englischsprachigen Literatur gerne beispielhaft wie folgt benannt: Coach, Mentor, Faciliator, Teacher oder auch Change Agent. Besonders die Begriffe Coach, Mentor, Teacher und Change Agent bereiten uns kaum Probleme im Verständnis. Die Übersetzungen bedienen sich vereinfacht den im deutschen Sprachraum weit verbreiteten Anglizismen: Coach, Mentor und Change Agent. Teacher kann direkt mit „Lehrer“ übersetzt werden, die Bedeutung ist jedem klar.
Anders jedoch sieht es mit dem Begriff „Faciliator“ aus: Der Begriff „Facilitator“ leitet sich vom lateinischen Wort „facilis“ ab, was „leicht“ oder „einfach“ bedeutet. Die Wurzeln des Wortes betonen die Idee und die eigentliche Bedeutung des Wortes, nämlich die Erleichterung und Unterstützung bei einem Prozess oder einer Aufgabe. In einigen Fällen und sogar in einschlägigen Wörterbüchern wird dieser Begriff gerne – und unglücklicherweise – simpel mit „Moderator“ übersetzt.
Diese Übersetzung und Auslegung bleibt aber leider weit (!) hinter der Aufgabe und Zielsetzung des Scrum Masters – nämlich ein wirklicher FACILITATOR zu sein – zurück.
Ein Facilitator ist mit der Aufgabe betraut, die Zusammenarbeit und Interaktion in einem Team (und/oder in der Organisation etc.) zu fördern, zu vereinfachen und zu begleiten, damit positive Ergebnisse erzielt werden können. Um dies wiederum zu erreichen, ist die Fähigkeit, verschiedene Zusammenkünfte und Besprechungen auch zu moderieren ganz klar von Vorteil. Die Moderation von Anlässen ist jedoch keineswegs die (alleinige) Aufgabe des Scrum Masters und führt immer wieder zu Missverständnissen, wenn zum Beispiel in Stellenausschreibungen folgendes geschrieben steht: „Als Scrum Master moderierst du alle Meetings/Events“. Das ist mitnichten der Fall und wird der „Rolle“ und den Verantwortlichkeiten eines Scrum Masters nicht gerecht.
Der Facilitator hilft dabei, einen Raum für offene Kommunikation zu schaffen, er/sie fördert die Zusammenarbeit und erleichtert die Prozesse zur Entscheidungsfindung. Im Gegensatz zu einem Moderator und reinen Diskussionsführer ist der Facilitator aktiver in der Förderung der Teamdynamik und der Unterstützung des Teams bei der Selbstorganisation und kontinuierlichen Verbesserung involviert. Gute Moderationsfähigkeiten können dabei hilfreich sein, sind jedoch nur ein Teilaspekt in den vielfältigen Aufgabengebieten, die ein Scrum Master als echter Facilitator leistet.
Fazit: Die Übersetzung mit „Moderator“ vermittelt nicht die Vielseitigkeit und Tiefe, die die Ausübung der Rolle eines Scrum Masters mit sich bringt. Um das Rahmenwerk von Scrum gut und erfolgreich umsetzen zu können, ist es wichtig, den Facilitator als eine eigenständige und umfassendere Haltung zu verstehen. Nur so kann ein agiles Team effektiv arbeiten und kontinuierliche Verbesserung gewährleisten.